Geschichte > Das Ende





Ansprache von Hptm Schatz a.D.

Der Fernmeldesektor C war eine Einheit der Fm u. Elo-Aufklärung der Luftwaffe, dessen Aufgabe es war, Informationen über die gegnerischen Luftstreitkräfte zu gewinnen.

Die Nachrichtengewinnung war u. ist zu jeder Zeit eine wesentliche Komponente für die militärische u. politische Führung eines Staates.

Vorläufer dieser Spezialeinheiten waren:

-  im ersten Weltkrieg die Fliegerfunktruppen

-  im 2. Weltkrieg die Luftnachrichtentruppen.

Die Geburtsstunde des Fm Regimentes 71 - zu dem dann später der Fm Sektor gehörte - war der 01.02.1957.

Nörvenich u. wenig später Bückeburg waren die ersten Standorte dieses Verbandes. Die 1. Kompanie dieser Einheit verlegte noch im Februar 1957 vorübergehend nach Bückeburg - hierbei handelte es sich um den späteren Fm Sektor C. Das Fernmelderegiment 71 wurde wenig später an seinen endgültigen Standort Osnabrück verlegt. Bereits 3 Monate später, am 20.05.1957, erfolgte die Verlegung des Fm Sektor C von Bückeburg nach Göttingen in die Ziethen-Kaserne. Dort verblieb der Sektor bis 1972. Noch im gleichen Jahr wurde auf der Mackenroder Spitze (in der Nähe von Waake bei Göttingen) eine erste Erfassungsstellung mit Hilfe der amerikanischen Streitkräfte aufgebaut. In der Zeit vom 21. Okt. bis 25. Okt. 1958 wurde erstmals noch in Funkwagen eine Erprobungsphase auf dem Stöberhai durchgeführt. Dass dies eine erfolgreiche Phase gewesen sein muss, sieht man hier und heute noch vor sich.

1959, am 24.4., wurde für die Soldaten des Sektors, die in der provisorischen Erfassungsstelle Dienst verrichteten, ein Kommando in Wieda geschaffen. Im ehemaligen Hotel Waldfrieden u. auf dem Gelände der Baufirma Wentorf wurde der Sektor für insgesamt 13 Jahre untergebracht.

Die verheirateten - nicht kasernenpflichtigen Soldaten - wohnten als Untermieter in Wieda. Sie können sich sicherlich vorstellen, dass zwischen der sehr soldatenfreundlichen Bevölkerung Wiedas u. den Soldaten ein besonderes freundschaftliches Verhältnis entstand. Nicht von ungefähr wurden mit Wiederaner Mädchen in 13 Jahren mehr als 100 Ehen geschlossen.

In der provisorischen Einsatzstellung haben wir in den nächsten Jahren Harzer Winter hautnah erlebt. Schnee u. extreme Kälte haben an Mensch u. Material enorme Anforderungen gestellt.

Mittlerweile waren auch alle unsere militärischen u. zivilen vorgesetzten Dienststellen davon überzeugt, dass der Standort Stöberhai für die Fm Elo-Aufklärung der ideale Standort in Grenznähe war. (Quasi-optische Wellenausbreitung).

Am 28.04.1964 wurde auf dem Stöberhai mit dem Bau des Turmes begonnen.

Bis dato war zur Standortfrage des Fm Sektors noch keine endgültige Entscheidung gefallen.

15 Monate nach Baubeginn wurde am 24.06.1965 das Richtfest des Fm­ Turmes gefeiert. Am 07.06.1967 war es dann endlich soweit u. wir durften den Turm beziehen.

Als älteste Einheit der Fm-Elo-Aufklärung mit dem 1. fertiggestellten Turm (weitere 4 Türme entstanden bei Großenbrode A, Lüchow Dannenberg B, Wunsiedel E, Furth im Wald F.) konnten wir im Verlauf der nächsten Jahre ständig viele hohe Gäste aus dem militärischen u. zivilen Bereich in der Einsatzstellung begrüßen. So darf der Besuch des Inspekteurs der Luftwaffe u. des früheren Jagdfliegers, General Steinhoff, sowie alle Inspekteure der BW u. Luftwaffe, hohe Politiker, (Ministerpräsident von Niedersachsen, Alfred Kubel), hier erwähnt werden.

Bezüglich der Standortfrage (evtl. Herzberg, hier wurden schon 28 Wohnungen für Sektorangehörige gebaut u. 1968 bezogen) zeichnete sich nun endlich ab, dass man keine eigene Kaserne bauen würde, obwohl in Herzberg schon Erschließungsarbeiten für eine Kaserne durchgeführt wurden. Vielmehr entschloss sich die militärische u. politische Führung als Standort für den Sektor Osterode am Harz festzulegen. Der Bereich der Rommelkaserne, in der das PzGrenBtl.12 stationiert war, wurde erweitert.

1972 dann endlich, nach 15 Jahren Provisorium, war es vollbracht. Am 28.01.1972 verlegte der Fm Sektor an seinen neuen u. endgültigen Standort Osterode am Harz.

In der Stadt Osterode am Harz verstand es der Sektor mit seinen 320 Soldaten (16 Offiziere, ca. 200 Unteroffiziere, davon mehr als die Hälfte Feldwebeldienstgrade. ) das gesellschaftliche Leben der Stadt entschieden mitzugestalten. Große Bälle, Vergleichsschießen mit Vereinen u. Verbänden der Umgebung u. nicht zu vergessen das legendäre jährliche Oktoberfest des Sektors sind sicherlich erinnernswerte Ereignisse - nicht nur für die ehemaligen Soldaten des Sektors.

Mit der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurde auch für die Soldaten des Sektors klar, dass ein Aufklärungsverband in Grenznähe, der nun mitten in Deutschland lag u. der nur eine wichtige Aufgabe zu erfüllen hatte, nämlich die Aufklärung der gegnerischen Streitkräfte jenseits der innerdeutschen Grenze, nun nicht mehr gebraucht wurde.

Am 23.05.1992 fand die letzte, schon traurige Jubiläumsveranstaltung - nämlich 35 Jahre Bestehen Fm Sektor C, 25 Jahre Einsatz im Fernmeldeturm u. 20 Jahre Standort Osterode am Harz - statt. Am 30.09.1992 war die Ära des Fm Sektor C nach 35 Jahren Dienst für den Frieden unwiderruflich zu Ende. Für viele Soldaten begann eine schwere Zeit. Sie wurden in sehr weit entfernte Dienstbereiche versetzt und von ihren hier ansässigen Familien getrennt.

Viele unserer Kameraden, die hier im Turm ein Leben lang Dienst getan haben, weilen schon nicht mehr unter uns.

Ungeachtet dessen lebt der Geist der Charly-aner in der Luftwaffe weiter. Sie sehen es auch daran, dass wir noch zu Lebzeiten des Sektors eine Vereinigung (früher Unteroffiziersvereinigung), die heutige Vereinigung Ehemaliger Fm Sektor C, gegründet hatten. Diese Vereinigung hat mehr als 110 Mitglieder (darunter mehr als die Hälfte unserer ehemaligen Chefs, die alle weit entfernt von Osterode am Harz wohnen).

Noch erwähnen möchte ich, dass wir leider erst viel zu spät, nämlich erst 1986 mit unserer ehemaligen Heimatgemeinde Wieda eine Patenschaft eingegangen sind, die leider nun auch nicht mehr besteht.

Einige meiner Kameraden können sich sicherlich noch an den Spruch, der unmittelbar nach dem Einzug in den Turm, in großen Lettern über dem Eingang hing, erinnern:

Wohlan, lasset uns einen Turm bauen, des Spitze bis an den Himmel reicht, auf dass wir uns einen Namen machen!

Irgendwann ist dann dieser Spruch verschwunden. Mag einer unserer Oberen wohl bibelfest gewesen sein u. die weiteren Verse dieses Kapitels gekannt haben, denn die Bibel sagt weiter, dass vom Turm zu Babel nur ein wirrer Haufen Schutt u. verwitterte Ziegelsteine geblieben sind. Nun steht unserem Turm das gleiche Schicksal wie dem Turm zu Babel bevor, jedoch mit einem wesentlichen Unterschied; wir haben nicht Hochmut zum Ziel gehabt, sondern mit unserem Turm dem Frieden gedient u. evtl. zur späteren Wiedervereinigung unseres Vaterlandes beigetragen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit u. bitte um Verständnis, dass es uns auch heute noch nicht leicht fällt, unseren Lebensarbeitsplatz verschwinden zu sehen.

 

 

Ansprache von Oberst Diehl a.D. beim letzten Besuch der Einsatzstellung Stöberhai am 16. Juli 2004  

Meine Damen und Herren, liebe Kameraden!

Dank der lobenswerten Initiative von Herrn Glazik dürfen wir heute noch einmal – nach dem ersten und letzten „Tag der offenen Tür“ im März 1993 – Abschied von „unserem Turm“ und der ehemaligen Einsatzstellung Stöberhai nehmen. Hptm Schatz hat uns wesentliche Punkte der historischen Entwicklung gerade sehr anschaulich in Erinnerung gerufen. Man hat mich als einen der ehemaligen Sektorchefs und Mitglied der Gemeinschaft der Ehemaligen gebeten, noch einige Worte zur sicherheitspolitischen Bedeutung des Einsatzes der FmEloAufklLw zu sagen. Ich möchte dies in direktem Bezug zu einem bemerkenswerten Satz in Ihrer Einladung tun, Herr Glazik. Sie schreiben: „Auch wenn die Liegenschaft nicht mehr das Flair eines wichtigen Lauschpostens des Kalten Krieges hat, so ist sie doch ein Stück europäischer Geschichte und Zeugnis des Eisernen Vorhanges, der verschwunden ist – und so soll es nun mit dieser ehemaligen militärischen Stellung auch ergehen – sie verschwindet“. Es ist in der Tat so, dass die FmEloAufkl über Jahrzehnte hinweg den Auftrag hatte, Nachrichten über die Streitkräfte des Warschauer Paktes, unseres potentiellen Gegners „ostwärts der innerdeutschen Grenze“ so umfassend und so detailliert wie nur möglich zu gewinnen. Dies war ein wesentlicher Beitrag für die Lagefeststellung und Beurteilung des Militärischen Nachrichtenwesens und der Elektronischen Kampfführung, um der militärischen Führung auf allen Ebenen und der politischen Führung eine sachgerechte, realistische Einschätzung der Bedrohungsentwicklung  und der jeweiligen aktuellen Lage, sowie entsprechende Entscheidungen zu ermöglichen. Dieser Auftrag wurde – im Zusammenwirken mit Heer und Marine und unseren Verbündeten, an erster Stelle den USA – insgesamt erfolgreich durchgeführt, die Einsatzergebnisse haben große Anerkennung gefunden. Selbst als Rüstungskontrolle und kooperative Verifikationseinsätze bis hin zu Open Skies Flügen über den zu kontrollierenden Gebieten eine wachsende Rolle spielten, da wurden diese Einsätze ganz entscheidend durch die Nachrichtengewinnung der FmEloAufkl ermöglicht und unterstützt. Nach einer kurzen Phase der Verunsicherung nach dem Ende des sogenannten „Kalten Krieges“ –  in der viele wohl eher an die „Friedensdividende“ als an die Notwendigkeit der weiteren Friedens- und Sicherheitsvorsorge dachten -  hat sich inzwischen herausgestellt, dass eine leistungsfähige FmEloAufkl für die Sicherheit unseres Landes und die unserer europäischen  und transatlantischen Verbündeten auch in Zukunft unverzichtbar ist. So wären z.B. friedensbewahrende oder –schaffende Einsätze auf dem Balkan oder in Afghanistan ohne sie nicht durchführbar. Zwar gibt es heute keine FmEloAufkl der Teilstreitkräfte mehr, dafür aber ein Teilstreitkräfte-gemeinsames Kommando Strategische  Aufklärung der Bundeswehr, das auch die seit knapp 20 Jahren konzeptionell geforderte raumgestützte Aufklärung in den nächsten Jahren in diesen Verbund der Nachrichtengewinnung integrieren wird. Die vor 40 Jahren auf dem Stöberhai begonnene Realisierung des Konzeptes der Erfassungstürme der FmEloAufklLw in 5 Stellungen entlang der innerdeutschen Grenze hat zwar  wesentlich zum Erfolg unseres jahrzehntelangen Einsatzes beigetragen, aber schon bald wurden auch die räumlichen und strukturellen Beschränkungen des Turmkonzeptes für die Auftragserfüllung deutlich, die schließlich zum Bau der „horizontalen Erweiterung“ führten, bevor dann die Notwendigkeit dieser stationären „grenznahen Erfassung“ ganz entfiel dank der sicherheitspolitischen Entwicklungen seit Anfang der 90er Jahre. Zwar hatte die Luftwaffe, zusammen mit der Marine, schon frühzeitig eine ergänzende luftgestützte FmEloAufkl-Kapazität geschaffen, doch die dann geplante Lösung eines eigenen Höhenaufklärers wurde wegen der eingetretenen sicherheitspolitischen Veränderungen nicht mehr realisiert. Erst der wachsende Bedarf der Einsatzunterstützung auf diesem Gebiet seit Mitte der 90er Jahre hat dazu geführt, dass man auch wieder luftgestützte, moderne Aufklärungskapazität im Verbund der Strategischen Aufklärung plant und realisieren will. Nun soll also mit dem „Rückbau“ des zweitältesten Erfassungsturmes der Lw auf dem Stöberhai und der gesamten  Einsatzstellung die Konsequenz aus dieser Entwicklung gezogen werden, und bald wird die seit Mitte der 60er Jahre uns allen vertraute Turm-Silhouette aus dem Naturpark Harz verschwunden sein. Das dürfte vor allem den Kameraden wehtun, die manchmal über Jahrzehnte hinweg in diesem Turm ihren verantwortungsvollen Einsatzdienst hochmotiviert und erfolgreich durchgeführt haben. Und für die Mehrheit der Bevölkerung in der näheren und weiteren Umgebung dürfte heute der Stöberhai mit Turm das normale Bild sein, an das sie sich gewöhnt haben oder das sie gar nicht anders kennen. Andererseits dürfte es in unserer schnellebigen Zeit bald viele jüngere Leute geben, die noch nicht einmal wissen werden, welch wichtiger Beitrag in dieser ältesten Einsatzstellung der FmEloAufkl durch Angehörige der Lw und des Heeres – und unsere französischen Kameraden – zur Erhaltung unserer Sicherheit in Freiheit geleistet wurde. Um dies zu verhindern, und um auch allen Ehemaligen und der gesamten Bevölkerung sowie den Besuchern des Naturparks Harz die Erinnerung zu erleichtern, schlage ich deshalb vor, die Einsatzstellung Stöberhai durch ein Denk- bzw. „Erinnerungs-Mal“, etwa in Form einer mannshohen Turmsilhouette aus einem Stück Beton des Turmes, mit entsprechender Beschriftung, vor dem Vergessenwerden  zu bewahren und damit doch nicht ganz „verschwinden zu lassen“. Vielleicht lässt sich dieses bescheidene Vorhaben ja im Rahmen des komplexen Rückbaus realisieren, Herr Glazik, falls notwendig mit ergänzender Unterstützung interessierter Sponsoren. Die Gemeinschaft der Ehemaligen des FmSktC wird sicher ein Auge darauf haben, dass dieses „Erinnerungs-Mal“ auch in Zukunft seinen Zweck in gutem Zustand erfüllen kann. Erlauben Sie mir noch einige persönliche Bemerkungen zur beispielhaften Verdeutlichung unserer Betroffenheit sowie der Bedeutung dieser Einsatzstellung: Die Einsatzstellung Stöberhai mit dem neuen FmTurm habe ich erstmals für 5 Tage im März 1968 im Rahmen einer Einweisung kennen gelernt, bevor ich von Oktober 1976 bis September 1978 für knapp zwei Jahre die Verantwortung als Chef des inzwischen von Göttingen und Wieda nach Osterode verlegten  Sektors übernehmen durfte. Im März 1993 bin ich schließlich von Moskau angereist, um am letzten Appell und dem „Tag der offenen Tür“ in der Einsatzstellung teilzunehmen. Obwohl ich von insgesamt über 11 Jahren Dienst in der Erfassung und Auswertung der FmEloAufklLw also nur zwei Jahre hier war, so ist der FmSktC mit dieser Einsatzstellung doch zu meiner „militärischen Heimat“ geworden, die bis heute durch eine außergewöhnliche Kameradschaft in der Gemeinschaft der Ehemaligen aktiv weiterlebt, der ich seit dem 25.10.93 angehöre. Dies ist um so erstaunlicher, als ich in bzw. auf diesem Turm während dieser recht intensiven - und für viele auch anstrengenden - zwei Jahre als Chef zweimal  glaubte, dass meine militärische Kariere nunmehr beendet sei: Als ich im Dezember 1976  hohem Generalsbesuch  zur Lage des Sektors in Anwesenheit einer ganzen Reihe meiner Offiziere und Unteroffiziere vortrug, dass wir zwar unseren Friedensauftrag voll und den Krisenauftrag mit nur geringfügigen Einschränkungen erfüllen könnten, dass aber eine Auftragserfüllung im Krieg mangels fehlender  Überlebens- und Verlegefahigkeit nicht möglich sei, da bedurfte es anschließend des ganzen Einsatzes unseres Rgt Kdr’s, um mich vor einer kurzfristigen Personalveränderung „zu retten“, denn manchmal ist es auch im militärischen Bereich nicht einfach, bittere Wahrheiten offen anzusprechen . Und als ich dann an einem schönen Sonnentag Mitte September 1977 oben auf der Plattform des Turms darauf wartete, dass der im Rahmen einer ersten Sicherungsübung geplante Angriff auf die Einsatzstellung begann - mit Fallschirmjägern als Feinddarstellern und einer Sicherungskompanie aus Goslar als zusätzlichen Verteidigern - da war plötzlich in zwei Minuten die ganze Stellung und auch der Turm, innen wie außen, in künstlichem Nebel verschwunden, man hörte das Aufheulen von Motoren und dann das Krachen, als ein Fahrzeug gegen den Außenzaun fuhr, es wurde geschossen, man hörte Schreie, im Turm konnte man nur noch mit Schutzmaske atmen, aber kaum etwas sehen – da befürchtete ich, dass diesmal nicht nur die Fallschirmjäger aus Wildeshausen entgegen aller Absprachen weit übers Ziel hinaus geschossen waren, sondern dass auch die Wehrpflichtigen der Sicherungskompanie und die „gestandenen“ Soldaten des Sektors dieses „realistische Spiel“ nicht ohne Widerspruch und Beschwerden hinnehmen würden – von ernsthaften Folgen an der Infrastruktur wie durchschnittene Zäune, aufgebrochene Türen, etc. einmal ganz abgesehen. Doch es kam ganz anders: die vielen Beschwerden der Soldaten der Sicherungskompanie gegen die Fallschirmjäger beschied deren Kommandeur alle abschlägig, die Schäden an den Sicherheitseinrichtungen wurden schnell beseitigt, die herbstliche Sicherungsübung wurde jährlich wiederholt - denn uns allen war die Verwundbarkeit der Stellung selbst am helllichten Tag anschaulich bewusst geworden. Danach wurde noch viel getan, um zumindest die Überlebensfähigkeit des Personals zu verbessern. Und noch heute erinnern sich viele an diese erste Sicherungsübung, die der damalige Chef wohl nur mit viel Glück ohne „Karriere-Knick“ überlebt hat…

Eine letzte Anmerkung, um die sicherheitspolitische Dimension des Einsatzes der FmEloAufklLw beispielhaft zu verdeutlichen: So haben wir z.B. nicht nur im Sommer 1968 entscheidend dazu beigetragen, dass die Vorbereitungen und die Durchführung der Besetzung der Tschechoslowakei genau bekannt waren und richtig beurteilt werden konnten, sondern es gab Mitte der 70er Jahre auch simulierte Angriffsübungen der sowjetischen Fernfliegerkräfte, bei denen Dutzende von  Bombern in kurzer Zeit in die DDR einflogen und von dort aus simulierte nukleare Angriffe gegen die Bundesrepublik durchführten. Die anfliegenden Flugzeuge, die Angriffsverfahren und die Ziele wurden dabei genau identifiziert. 18 Jahre später konnte ich als LwAttaché  in Smolensk und in Irkutsk mit russischen Generälen der beiden damaligen Fernfliegerarmeen sprechen, die an diesen simulierten nuklearen Einsätzen teilgenommen hatten. Sie sagten mir, dass sie schon damals nicht vom Erfolg und Sinn solcher Einsätze überzeugt waren, darüber aber mit niemandem sprechen konnten; sie hätten sich keinerlei Illusionen darüber gemacht, dass sie zwar vielleicht ihre Waffen hätten abschießen können, dass sie aber kaum irgendwo zuhause hätten landen können, von den Überlebensmöglichkeiten ihrer Angehörigen und des ganzen Volkes und Staates einmal ganz abgesehen. Wir haben uns dann regelmäßig und ausgiebig auf „landesübliche Weise“ beglückwünscht, dass wir diesen Wahnsinn gemeinsam ohne Schaden überstanden haben…

Wir sollten also – trotz mancher Emotionen - froh darüber sein, dass die Einsatzstellung Stöberhai ihren Zweck erfüllt hat und dank der Wiedervereinigung Deutschlands, der Erweiterung von NATO und EU und aller sonstiger positiver sicherheitspolitischer Veränderungen überflüssig geworden ist. Sie kann und sollte deshalb abgebaut werden, aber die Erinnerung an diese Erfolgsgeschichte sollte und kann in angemessener Weise durch ein „Erinnerungs-Mal vor Ort“ im schönen Naturpark Harz bewahrt werden. Wer sich übrigens über die Geschichte der FmEloAufklLw genauer informieren möchte, der kann dies im Museum der FmEloAufklLw in der Kaserne in Trier-Euren (54294 Trier, Luxemburgerstr. 230, 0651-9129-3870) tun, und er kann Mitglied im Traditionsverein der FmEloAufklLw werden, der diese hervorragende Sammlung geschaffen hat und betreut (OTL Schüle, 0651-9129-3400, info@traditionsverein.de).   Zum Schluss darf ich Ihnen noch die Grüße von OTL a.D. Jean-René Jezequel, zu meiner Zeit Chef des Detachement Electronique 36/351, von Oberst a.D. Ullmann, OTL Schüle und OStFw Helfenbein übermitteln, die aus familiären bzw. dienstlichen Gründen heute nicht hier sein können. Christian Ullmann, wie immer Optimist, schreibt, dass wir ja bei der Einweihung des Gedenksteins wieder Gelegenheit für ein Treffen haben werden. Ich finde, das ist ein guter Vorschlag.  

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!  

 

Anmerkung: Sowohl der Finanzminister Niedersachsens als auch der zuständige Leiter des Bundesvermögensamtes Magdeburg (er ist für den Rückbau aller Türme zuständig!) haben spontan zugesagt, dass es einen Gedenkstein wie vorgeschlagen geben wird (wurde von Ekkes Langer in Bild und Ton dokumentiert). Herr Glazik, der im September in Pension geht, wird seinen Nachfolger als Leiter des Baumanagements Harz ebenfalls „darauf einschwören“. Da man gegen Ende 2005 mit dem Abschluss der Hauptarbeiten rechnet, haben wir schon einmal als möglichen Termin für die Einweihung des Denkmals den 28./29. April oder den 2. Mai 2006 planerisch festgelegt! Bis dahin wird eine kleine Gruppe der Ehemaligen noch Gelegenheit haben, den Turm noch einmal intensiv zu begehen, und ggf. noch vorhandene Erinnerungsstücke zu retten. Falls der Turm gesprengt werden sollte (Untersuchung dazu ist veranlasst) wird es ebenfalls wieder eine Einladung geben.

 

Auch dies ist inzwischen geschehen, und zwar am 23.09.05, 14:40 Uhr. Da die Beseitigung „der Reste“ nicht wie geplant bis Ende 2005 aus Witterungsgründen abgeschlossen werden konnte, und man auch besseres Wetter für die Einweihungsfeier eines Denkmals abwarten wollte, wurde dieser Termin inzwischen auf den 23. Juni 2006 festgesetzt…